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Ausgabe # 55

 

Sieben Geschichten
aus fünf Ländern

 

 

i n h a l t:

= TNT
Von Nicolas Mahler, Österreich

55_mahle.gif (230632 Byte)Geboren 1969 in Wien und immer noch dort ansässig, ist STRAPAZIN-LeserInnen eventuell von früheren Strapastrips her in Erinnerung. Er arbeitet als Zeichner für diverse Wiener Zeitungen (Die Presse, Der Standard), ebenso als Gestalter von Schulbüchern. Im Eigenverlag eb (edition brunft) publiziert Nicolas eigene Werke und solche von Altmeister Heinz Wolf. Für den lokalen Vertrieb sorgt ein umgebauter Kaffeeautomat, der "brunftomat", gleich beim Stephansdom. Ganz neu bei eb heraus- gekommen: "Flaschko, der Mann in der Heizdecke". Diese und die anderen eb-Publikationen "Du falott, baby" und "Lone Racer" kosten je 6 DM/Sfr. bzw. 35 öS und sind über STRAPAZIN (Briefmarken beilegen!) oder direkt bei nicolas_mahler@blackbox.at zu beziehen.

 

 

 

 

 

= What of the Night?
Von Gunnar Lundkvist,Schweden

55_lund.gif (40824 Byte)Schwarz gekleidet, mürrischer Gesichtsausdruck, lakonische Ausdrucksweise, und doch ein angenehmer Zeitgenosse. Was man von Klass Kat sagen kann, trifft auch auf Gunnar Lundkvist zu. Beeinflusst von den amerikanischen Underground-Comix zeichnet Gunnar Lundkvist seit Jahrzehnten düstere Schwarz-Weiss-Moritaten um einen depressiven Kater. Weil sich in Schweden niemand für diese Art Comics interessierte, unterbrach er diese Arbeit bisweilen für längere Zeit, dann wiederum veröffentlichte er Klass Kats philosophische Abstürze erfolgreich in Sammelalben, und mittlerweile streunt diese Katze, die auch in der Nacht schwarz ist und nicht grau (aber in Lundkvists Welt ist es immer zappenduster – da sind selbst Nachmittage von lähmender Dunkelheit) in ganz Eurapa durch pessimistische, von verzweifelter Absurdität getränkte Fabeln. Polyglott – aber immer lakonisch, und nicht selten ganz stumm. Als gäb’s nichts mehr zu sagen über diese so böse und verdorbene Welt. Nur zu schauen und zu staunen mit mürrischer Miene.

 

 

= Eine neue Droge aus Helter Skelter
Von Francesca Ghermandi, Italien

55_gher.jpg (32080 Byte)Vor fünf Jahren wurden in STRAPAZIN Nr. 34 Episoden aus dem irren Leben des Sheriffs Helter Skelter abgedruckt. Der Splatter-Funny von Francesca Ghermandi (geboren 1964) ist ein souverän und innovativ gezeichneter Klassiker dieser Sparte. Die ein- bis achtseitigen, genial-schrillen Helter-Skelter-Episoden erschienen 1997 im Bologneser Phoenix-Verlag als Sammelband. Vom Sardinengenuss abhängig, residiert Sheriff Helter Skelter mit seinem Busenfreund und Koch im letzten Stockwerk des Poilzeipräsidium. Ist er gerade stoned, kann es passieren, dass er sich anstelle der gefassten Delinquenten auf andere Planeten schiesst, seinen eigenen Chef zersägt oder Gemälde kauft, welche die Eigenschaft haben, das Mobiliar samt Wohnung zu verschlucken...

Ghermandi veröffentlichte zuletzt die wortlose Bildergeschichte "Pastil" in der Bologneser "No Words"-Reihe, die von Daniele Brolli eigens für sprachlose Comics ins Leben gerufen wurde (Besprechung in STRAPAZIN 53). Die Zeichnerin arbeitet zur Zeit am epischen Comicroman "Suburbia".

 

= Ohne Titel
Von Frederik Peeters, Genf Suisse

55_peet.jpg (36251 Byte)Der 24-jährige Peeters ist ein Vertreter der jungen Genfer Comic-Szene, und ein brillanter Erzähler. In den auch formal höchst eigenständigen Schwarzweiss-Geschichten wird öfters Autobiografisches aufgearbeitet oder phantasievoll verfremdet. Peeters versteht sich im Gegensatz zu vielen seiner Berufskollegen, die ihr Brot mit Grafik und Illustrationen verdienen, als reiner Comiczeichner, weshalb er seinen Lebensunterhalt als Teilzeit-Gepäckträger auf dem Flughafen Genf-Cointrin bestreitet. Die in diesem Heft abgedruckte sechsseitige Episode um einen Mordfall demonstriert eindrücklich Peeters Können und hat die STRAPAZIN-Redaktion einhellig begeistert.

 

 

 

 

 

= Blue
Von Andreas Gefe, Zürich! Schweiz

55_gefe.gif (45738 Byte)Geboren 1966, ist Gefe heute festes Mitglied des Zürcher STRAPAZIN-Ateliers. Sein bisheriges Hauptwerk ist "Madame Lambert", nach einem Szenario von Jérome Charyn. Gefe weilte 1997 als Stipendiant des Bundesamtes für Kultur ein halbes Jahr in Krakau, Polen, wo er den jungen und erfolgreichen Theaterregisseur Brokenhorst kennenlernte, der gerade ein Stück des kanadischen Autors Brad Fraser inszenierte, eine "Urbane Legende", die sich zwischen ein paar jungen Leuten abspielt, unter denen sich - unerkannt - auch ein Serienmörder befindet. Gefe wurde als Gestalter von Plakat und Programmheft engagiert, letzteres mit einem Comic zum Thema des Stücks. Die Schauspieler der extra für diese Inszenierung von Brokenhorst zusammengestellten Truppe tauchen im Comic auf, ansonsten liess sich Gefe für die achtseitige Story von denjenigen Szenen des Stückes inspirieren, welche der Regisseur gestrichen hatte. Eine klare Handlung wird im Comic nicht angestrebt, dem Zeichner ging es vielmehr um die Umsetzung der Atmosphäre von Gewalt und Voyeurismus. Für STRAPAZIN hat Andreas Gefe die Story um zwei abschliessende Seiten ergänzt.

 

= Allerheiligenwasser
Von Pascal Rabaté, Frankreich

55_raba.gif (40650 Byte)Mit Zamparutti, dem Szenaristen der Strapazin-Story, hat Rabaté bereits "Ex Voto" veröffentlicht, eine bitterböse Geschichte über einen traumatisierten Soldaten des Ersten Weltkrieges. Sehr gut ist auch die Geschichte "La Mort de Monsieur Kassovich", die im Sammelband "Premières Cartouches" erschienen ist: Im geteilten Sarajevo wird während des Krieges ein Leichnam verwechselt. Dies hat dramatische Folgen, denn der Grossvater muss in serbischer Erde bestattet werden... In "Exode", einer weiteren Kurzgeschichte aus besagtem Sammelband, geht1939 ein ganzes Dorf vor dem angeblichen Einmarsch der Deutschen auf die Flucht. Doch sie schaffen es nicht mal bis zum nächsten Dorf. Diese, seine erste, 1989 bei Futuropolis veröffentlichte Geschichte, ist typisch für Rabaté und sein weiteres Werk: Grosse Ereignisse und ihre Folgen für den Alltag der kleinen Leute.

1961 in Tours geboren, wohnt Pascal Rabaté heute in Angers. In zehn Jahren hat Rabaté ein beachtliches Werk von über zehn Büchern geschaffen. Die Wichtigsten sind: "Les Pieds Dedans", "Ex Voto" mit Zamparotti, "Un Ver dans le Fruit", "Ibicus" nach Alexis Tolstoi, "Premières Cartouches" und "La Mort de Monsieur Kassovich". Alle diese Titel erschienen im Verlag Vents D'Ouest .

= Jenseits des Rio Grande und
Das Weib aus Le petit Christian
Von Blutch, Frankreich

55_blutc.gif (24440 Byte)Blutch – Christian mit Vornamen – war vor rund 25 Jahren "der kleine Christian". Genau so wie ich auch vor circa ebensovielen Jahren. Und wie ich, wenn ich meine französischen Cousins und Cousinen besuchte, las er PIF Gadget und verbrachte die Samstagnachmittage vor der Glotze: "La télé est à vous" hiess das und die Zuschauer durften aus einer begrenzten Anzahl beschränkter Fernsehserien ihr Wunschprogramm zusammenstellen. "L’Homme Invisible" und "Les Envahisseurs" haben eine Generation junger Franzosen verdorben. So auch den kleinen Christian, der trotzdem (oder deswegen?!) zum seriösen und fleissigen Comic-Zeichner heranwuchs: Lustige Kurzgeschichten für das Gotlib-Magazin, "Fluide Glacial"; ("Blotch", "Mademoiselle Sunnymoon", "Le Petit Christian" u.v.m., letztere als Alben bei L’Association erhältlich), expressive Amerika-Impressionen ("Lettre Americaine", "Mitchum") und einen opulenten Sandalen-Comics ("Péplum"), für Cornélius. Blutch zeichnet viel und gut und wagt sich mutig wie "Dr. Justice" und "Stivemacouine" zusammen, in die unterschiedlichsten Genres vor. Egal wo er landet bleibt er dank seines lakonischen Humors und seines freien, nervösen und ausdrucksstarken Strichs als Autor wiedererkennbar.